Knut Gerschau

Mittelstand und Handwerk im Fokus der Ampelkoalition ? !

Der größte Arbeitgeber im Land Niedersachsen ist der Mittelstand - nicht die Industrie. Handwerk, Familienunternehmen, Selbstständige – der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und beobachtet die Aktivitäten der Ampelkoalition genau. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat deutlich gemacht, er wolle alles unterstützen, was für Mittelstand, Handwerk und Industrie am besten ist. Für mich werden Mittelstandsthemen in dieser Koalition noch viel wichtiger als vorher. Gerade auch als Landesvorsitzender des Liberalen Mittelstandes ist es mir ein persönliches Anliegen, Selbstständige und die mittelständischen Betriebe zu unterstützen.

Deswegen hat sich innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion im Februar eine Parlamentsgruppe gegründet, auf Initiative der Bundestagsabgeordneten Olaf in der Beek, Ingo Bodtke und mir. Insgesamt wollen sich etwa 20 FDP-Bundestagsabgeordnete daran beteiligen.

So geht es nicht: Wir haben die ursprünglich von Arbeitsminister Heil geplante elektronische Arbeitszeiterfassung verworfen. Diese ist praktisch undurchführbar und hätte durch die Anschaffung entsprechender Geräte zu erheblichen Belastungen der Unternehmen geführt. Handwerk und Bauindustrie hatten sich deutlich gegen diese Planungen gestellt.

So geht es: Die degressive Abschreibung für sogenannte bewegliche Wirtschaftsgüter wie Maschinen wird um ein Jahr verlängert. Über eine „Super-Abschreibung“, die es 2022 und 2023 ermöglichen soll, einen Anteil der Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern vom steuerlichen Gewinn abzuziehen, wird noch diskutiert.

Für die Stärkung von Mittelstand und Handwerk haben wir eine Reihe von Forderungen aufgestellt. Zentrale Punkte sind für mich:

Fairness für Selbstständige. Ob Freie Berufe, Handwerk, Kultur- und Kreativwirtschaft oder Dienstleistungsbranche: Selbstständige sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse. Mit unterschiedlichen Reformansätzen wollen wir die Selbstständigkeit erleichtern, sie als Selbstbestimmung ernst nehmen und für mehr öffentliche Wertschätzung von Selbstständigen sorgen.

Abbau der überbordenden Bürokratie. Behörden sollen konsequent zu „One-Stop-Shops“ ausgebaut werden. Daten werden einmalig an die Verwaltung weitergegeben und dann an entsprechender Stelle verarbeitet. Zur Funktionsfähigkeit des Systems brauchen wir einheitliche Standards. Damit lassen sich Prozesse der Verwaltung beschleunigen. Die Erleichterung von Betriebsgründungen erfolgt ganz wesentlich durch eine Rückführung der Bürokratie. Dazu gehört auch eine bessere Koordination zwischen den Bundesländern, die während der Corona-Pandemie zu einem Wirrwarr verschiedener Verordnungen geführt hat. Das ist für mittelständische Unternehmen nicht mehr nachvollziehbar gewesen.

Bekämpfung des Fachkräftemangels. Dieses Problem plagt Handwerksbetriebe seit Jahren. Ein Blick auf die Logistikbranche zeigt, dass sich die Situation verschärft: etwa ein Viertel der Berufskraftfahrer hat einen polnischen Pass, und die polnische Regierung bemüht sich nun, diese Arbeitskräfte zurückzuholen, da in Polen wiederum die Fahrer aus der Ukraine ausfallen. Die Liberalen wollen eine moderne Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Dazu fordern wir ein modernes Zwei-Säulen-System. Erste Säule: Eine überarbeitete „Blue Card“ als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit Arbeitsplatzangebot, die auch für nicht-akademische Fachkräfte geöffnet werden muss. Zweite Säule:  Die Einführung einer Chancenkarte für ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild, um für Fachkräfte die Möglichkeit zu schaffen, auch ohne Arbeitsplatzangebot zur Arbeitssuche nach Deutschland zu kommen. Wichtig sind auch die weitere Stärkung der beruflichen Bildung und der individuellen Weiterbildungsförderung.

Was ist noch von Bedeutung:

Die steuerliche Belastung von Unternehmen muss auf den OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent sinken. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden.

Steigende Energie- und Beschaffungspreise für Rohmaterial belasten mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe auf nie gekannte Weise. Deswegen ist es vorgesehen, die EEG-Umlage bereits ab 1. Juli 2022 nicht mehr zu erheben.

Mir ist es wichtig, Rahmenbedingungen so auszuformen, dass unsere mittelständischen Betriebe eine Chance haben, weiterhin die Zukunft Niedersachsens mitzugestalten.